H?ftluxation / -dysplasie, Diagnostik und Behandlung im Wandel der Zeit.

Die H?ftdysplasie und H?ftluxation

Die H?ftdysplasie (schlecht ausgebildetes  H?ftgelenk) und die H?ftluxation (ausgerenktes H?ftgelenk) (Abb. 1)  plagen die Menschheit seit wir begonnen haben aufrecht zu gehen, da durch den zweibeinigen Gang die hinteren Gelenke (H?ftgelenke) vermehrt belastet wurden.

Aus diesem Grunde sind wir darauf angewiesen, ein allf?lliges Leiden m?glichst fr?h  erkennen und behandeln zu k?nnen. Dies insbesondere da wir wissen, dass etwa 1-4 von 100 Kindern an einer H?ftluxation oder -dysplasie leiden.

Alleine am Kantonsspital Frauenfeld mit ca. 1200 Geburten pro Jahr werden 12-48 Kinder mit diesem H?ftleiden geboren. Es trifft ca. 4x h?ufiger M?dchen als Knaben was im geschlechtsbedingten Unterschied der Beckenform liegt.

Auch gibt es weitere Risikofaktoren wie Mehrlingsgeburten, Steisslage, wenig Fruchtwasser, famili?re H?ufung, Binde-gewebsschw?chen, Chromosomen-Aberrationen (z.B. Trisomie 21) und weitere Missbildungen bei denen das Leiden geh?uft vorkommt.

 

Abb.1:
Grafische Rekonstruktion eines luxierten H?ft-Gelenkes aus Computer-Tomografieaufnahmen

 

Die Diagnosestellung fr?her

Vor der Entdeckung der R?ntgen-Strahlen im 18. Jahrhundert konnte die Untersuchung einzig durch die Beobachtung nach dem Gehbeginn sowie durch klinische Tests, bei denen mechanisch das H?ftgelenk auf seine Stabilit?t gepr?ft wurde, geschehen.

Aus diesem Grunde wurde das Leiden meist erst nach dem Erreichen des sicheren Gehens im Alter von ca. 3-5 Jahren festgestellt und, falls in der Gegend und finanziell m?glich, einer langen Behandlung mit Schienen oder Gipsen (Abb. 2 und 3) zugef?hrt.

Nicht selten verbrachten Kinder mit einer H?ftdysplasie Monate, ja sogar Jahre in Krankenheimen, eingespannt in allerhand zum Teil abenteuerliche Vorrichtungen, welche das wegen des H?ftleidens verk?rzte Bein st?ndig nach unten zogen.

Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass viele dieser Kinder als ?Kr?ppel? ihr Leben verbringen mussten und auf Almosen angewiesen waren, da sie weder in der Landwirtschaft noch bei anderen k?rperlichen T?tigkeiten voll einsetzbar waren.

 

Abb. 2 und 3:
Damit die Kinder mit den Schienen und Gipsen bei langen Behandlungen stehen konnten, ohne sich an M?beln abst?tzen zu m?ssen, konnte es sinnvoll sein ein spezielles Stehbrett zu gebrauchen.

Die R?ntgenuntersuchung

Als dann kurz vor 1900 die R?ntgen-Strahlen entdeckt wurden begann man alles zu untersuchen was abbildbar war und kam dem Problem der H?ftluxation immer mehr auf die Spur.

Da die H?ftleiden aber schon bei Geburt vorliegen oder einen Vorzustand hierf?r besteht, bestand nun ein Problem in den im S?uglingsalter noch nicht r?ntgen-dichten Knochen (Abb. 4), so dass eine genaue Diagnostik mittels R?ntgen erst im Alter von ca. 1-2 Jahren m?glich ist.

 

Abb. 4 und 5:
R?ntgenbild auf dem Bildverst?rker bei einem 6 Wochen alten M?dchen. Da die H?ftk?pfe in diesem Alter noch nicht sichtbar sind, muss zur Darstellung des H?ftgelenkes Kontrastmittel in das Gelenk gespritzt werden wie dies anhand der linken H?fte gezeigt ist. Mit dieser Untersuchung kann kontrolliert werden ob und in welcher Stellung die H?fte eingerenkt steht, so dass eine Behandlung mit einem Beckenbeingips  oder Schiene erfolgen kann. F?r die Arthrographie braucht es eine Narkose, da das Kind ruhig liegen muss und die Untersuchung schmerzhaft ist.

 

Abb. 6:
Dieses R?ntgenbild zeigt eine Luxation des linken H?ftgelenks, gut sichtbar am Hochstand des Oberschenkelknochens und an der Fehlbildung der H?ftgelenks-Pfanne links.

Die Operation

Trotzdem kam es zu einer grossen Verbesserung der Behandlungen, da die Ursache nun teilweise erkannt werden konnte. Die Behandlungsm?glichkeiten verbesserten sich insofern, dass zunehmend Operationen zur Herstellung der H?ftgelenksform und Anatomie durchgef?hrt wurden (Abb. 7).

Uns allen sind aber sicherlich noch Leute in der Altersgruppe unserer Grosseltern und Eltern bekannt, die hinkend durch ihr Leben gingen und dadurch in ihrem Alltag stark beeintr?chtigt waren. Replica Watches

Die ?Erl?sung? ihres psychischen und physischen Leidens kam f?r Personen mit H?ftdysplasie dann meist im Alter um 60j?hrig mit dem Einsetzen einer H?fttotalprothese, was ab ca. 1960 m?glich wurde, oder durch eine h?ftversteifende Operation.

Solche Leidenswege finden wir heute noch in weniger bemittelten L?ndern oder in L?ndern ohne fl?chendeckende routine-m?ssige fr?hkindliche Untersuchungen.

 

Abb. 7:
Das Bild nach Operation zeigt das eingerenkte linke H?ft-Gelenk mit Metall im linken Oberschenkel nach Durchtrennung, Drehung und Verk?rzung des Oberschenkelknochens sowie der Bildung eines Pfannendaches durch das Einsetzen des entnommenen Knochens vom Oberschenkel.

Die H?ft-Sonographie

Eine weitere Verbesserung erreichten wir ab 1980 als ein ?sterreichischer Professor Dr. R. Graf die zunehmend in der Medizin eingesetzte Ultraschalluntersuchung beim H?ftgelenk der Neugeborenen einsetzte.

Ihm gelang es, durch den Ultraschall eine Beurteilung der H?ftreifung vorzunehmen, die eine Voraussage bez?glich der Entwicklung des Gelenkes direkt nach Geburt erm?glicht, so dass im Risikofall eine unverz?gliche Behandlung eingeleitet werden kann (Abb. 10).

Mit einer der Ersten, die diese Untersuchungsmethode ab 1984 in der Schweiz einf?hrten, ist Dr. Saur ein Konsiliarzt f?r P?diatrie am KS Frauenfeld.

Ihm gelang es zusammen mit der Leitung der Gyn?kologie und Geburtshilfe, PD Dr. Eberhard, ein nahezu 100%-iges Untersuchen der Neugeborenen in den ersten Tagen nach Geburt zu erm?glichen.

Auch an andern Institutionen sowie in Privat-Praxen entschlossen sich immer mehr Aerzte, sich in der Technik der Ultraschalldiagnostik des S?uglings-H?ftgelenkes auszubilden.

Weitere Pioniere in der Schweiz waren unter andern Dr. Martin Schilt (Luzern), Prof. G.U.Exner (Z?rich), Dr. Beat Dubs (Z?rich), Dr. Hansjakob Roelli (Sursee) sowie eine wachsende Zahl von Kollegen, welche sich in der Folge auch f?r die weitere Verbreitung dieser Methode einsetzten.

Die strukturierte und hochqualifizierte Ausbildung f?r die Aerzte, welche diese Untersuchung durchf?hren wollten,omega replica watches wurde vereinheitlicht und um die Richtlinien daf?r festzulegen, ein von der FMH (Schweiz. Aerztegesellschaft) erteilter F?higkeitsausweis geschaffen.

Die 1997 geschaffene Kommission H?ftsonographie FMH vereinigt Experten aus allen betroffenen Fachgesellschaften und ?berwacht die Ausbildung und deren Qualit?ts-Sicherung.

 

Abb. 8:
Sonographie bei einem wenige Tage alten S?ugling. Die Untersuchung ist ger?usch- und schmerzfrei und l?sst sich in wenigen Minuten durchf?hren.
Abb. 9:
Das dadurch gewonnene Bild (links ein Normalbefund) zeigt einen Querschnitt durch das H?ftgelenk mit Abbildung der Pfanne sowie des Kopfes und der ?brigen Strukturen wie Gelenkslippe, Gelenkskapsel und Muskulatur usw. Die kn?cherne Pfanne sowie der knorpelige ?berhang werden ausgemessen. Auf dem rechten Sonographiebild ist ein luxiertes H?ftgelenk abgebildet.

Entscheidende Vorteile

Anhand von mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass durch das m?glichst rasche Diagnostizieren und Behandeln der H?ftluxationen fast in allen F?llen eine Ausheilung bis zum Gehbeginn erreicht werden kann und nur noch sehr selten Operationen im Kindesalter n?tig werden.

 

Abb. 10:
Beispiel einer modernen Behandlung der H?ftdysplasie mit einer Spreizhose (im Bild die sog. T?binger-Schiene).

Abb. 11:
Bei schwererem Befund m?ssen die Beine f?r einige Wochen besonders gut in abgespreizter Stellung fixiert werden (im Bild ein S?ugling mit Gipshose).

Kostensenkung

Durch die entscheidende, fr?hest m?gliche Diagnose konnten die Kosten von ca. Fr. 90'000.- pro Kind, bei Behandlung erst nach Gehbeginn auf ca. Fr. 1?500.- bis 5'000.- pro Kind, bei der Behandlung im Neugeborenenalter, gesenkt werden.

Die Kosten der Behandlung, der in der Schweiz geborenen Kinder, werden von der Invalidenversicherung ?bernommen, die Kosten der H?ftultraschall-Untersuchung wird zur Zeit noch von der Krankenkasse bezahlt.

 

Der Spardruck

Da wir immer mehr in allen Bereichen des Gesundheitswesens unter zunehmenden Spardruck leiden, ist die Zukunft aber eher als d?ster zu beurteilen. Es ist deshalb nicht erstaunlich, wenn sich Aerzte, Politiker und Beh?rden Gedanken machen, wie der steigenden Kosten-Entwicklung begegnet werden kann.

Besonders aktuell stellte sich diese Problematik der Kosten?bernahme der generellen H?ftultraschalluntersuchung in den Jahren 2003 und 2004.

Da es sich hierbei um eine sogenannte Screening-Untersuchung handelt, sind die Kosten hierf?r nicht in jedem Fall von der Krankenkasse zu ?bernehmen.

Bis im M?rz 2004 befand sich diese Leistung noch als zeitlich begrenzte Pflichtleistung auf der Liste der zu bezahlenden Untersuchungen, doch es drohte deren Streichung.

Das BAG verlangte den Nachweis der Wirksamkeit eines generellen Screenings und zwar mittels einer Studie, welche den h?chsten Standards der EBM (Evidence based medicine) gen?gen sollte.

Dass dies nicht so einfach gehen konnte, wird andernorts auf diesen Seiten (siehe Bereich ARCHIV) im Detail aufgelistet.

 

Sparen am falschen Ort?

Da nun leider aber vom Bundesamt f?r Gesundheitswesen in Bern ein Nutzen und ein Wirkungsnachweis verlangt wurde, der bisher in der geforderten Form aus ethischen und anderen Gr?nden auf der ganzen Welt nicht erbracht werden konnte, drohte die Leistung von der Liste gestrichen zu werden.

Dies h?tte dann dazu gef?hrt, dass die Untersuchung, die damals zur Zeit bei ?ber 80% der Neugeborenen der Schweiz gemacht wurde, deutlich abgenommen h?tte.

Zwar w?ren damit den Krankenkassen weniger Kosten entstanden, diese Kosten w?ren daf?r sp?ter um das Mehrfache entstanden, weil entsprechend viele fr?her unentdeckte Dysplasief?lle nach Jahren einer aufw?ndigen Behandlung zugef?hrt h?tten werden m?ssen.

Vom volkswirtschaftlichen Verlust, der durch Arbeitsunf?higkeit und fr?he IV-Renten entstanden w?re, sei hier nicht gesprochen...

Zum Gl?ck konnten dank einem enormen pers?nlichen Einsatz einiger weniger Aerzte, mit Unterst?tzung der Medien und zweier verantwortungsvoller Politiker (Frau Erika Forster-Vannini und Herr Dr. Willi Oggier) die Bundesbeh?rden vom Nutzen der Untersuchung ?berzeugt werden.

Die sonographische Untersuchung der S?uglingsh?fte wurde per 1. Juli 2004 zur diagnostischen Pflichtleistung erkl?rt. Jeder Arzt, der diese Untersuchung anordnet, ?bernimmt damit die Verantwortung daf?r.

Oder umgekehrt gesagt: Jeder Arzt, der diese Untersuchung nicht anordnet, muss sich daf?r verantworten, wenn dadurch eine H?ftdysplasie ?bersehen wird!

Abb. 12:
5j?hriges M?dchen das mit einer hohen H?ftluxation (linke H?fte) aus dem Ausland zu uns zur Behandlung kam. Die Verwandten zahlten einen grossen Teil der Behandlung selbst, da sie diese in ihrem Heimatland nicht erhielten.  Die strichf?rmigen Narben 6 Wochen nach Operation (oben) lassen sich in der Unterhose verstecken.
Abb. 13:
Nach der Operation war das M?dchen ?ber 3 Monate in einem Kunststoffgips (oben links)  und musste von seinen Eltern umher getragen werden (oben rechts).

Wie so h?ufig wollten die politischen Exponenten unserer Gesellschaft an denjenigen Mitgliedern sparen, die sich am wenigsten wehren k?nnen und die f?r sie weniger wert sind, d.h. an den Kindern und alten Leuten, die nicht oder nicht mehr im Berufsleben stehen. Die Betroffenen leiden aber physisch und psychisch ein Leben lang.

Wir Aerzte k?mpften aber erfolgreich f?r unsere jungen Kinder und setzten alles daf?r ein, dass die Untersuchung der Neugeborenen-H?ften mittels dem Sonographie weiterhin von den Krankenkassen als Pflichtleistung ?bernommen wird.

Hoffen wir auch f?r die Zukunft f?r unsere Kinder, dass wir keinen R?ckschritt erleben m?ssen!


Dr. med. Gregor Kohler

Leitender Arzt Orthop?die/Traumatologie
Kantonsspital Frauenfeld

Dr. med. Beat Dubs

Aerztliche Leitung Sonographie-Institut
Privatklinik Bethanien, Z?rich